Ah, schöne neue Welt! Ehre sei den Erfinderinnen und Erfindern von ChatGPT (Ich hab die KI gefragt: An der Entwicklung waren auch Frauen beteiligt.), die uns durch ihre geniale Schöpfung so viele nervtötende Aufgaben abnehmen. Nicht Wäsche waschen, Fenster putzen oder Fußleisten entstauben. Aber so Kram wie sich Google-Ergebnissseiten ansehen oder Texte für Social-Media-Beiträge schreiben. Die wirklich nervigen Sachen halt.
Für alle, die ungern oder ungut schreiben, muss ChatGPT ein Träumchen sein: Endlich nimmt einem jemand diese unliebsame Aufgabe ab. Dann muss man sich nicht mehr damit quälen, selbst Texte schreiben zu lernen, oder?
Du merkst schon: Ich bin nicht hundertprozentig von der KI-Revolution überzeugt. In diesem Beitrag will ich dir erzählen, warum ich dir empfehlen würde, trotz künstlicher Intelligenz an deinen Schreibskills zu arbeiten und zu lernen, wie man gute Texte schreibt – von Hand.
Texte schreiben lernen vs. KI nutzen: Eine Parabel auf zwei Rädern
Lass mich dir eine Anekdote erzählen, um dir zu zeigen, wie ich über ChatGPT und anderen KI generierte Texte denke:
Im Sommer 2021 hat mir meine Mutter, die damals nicht selbst damit fahren konnte, ihr E-Bike geliehen. Ich selbst besaß zu diesem Zeitpunkt ein eher günstiges Citybike. Als ich mich zum ersten Mal auf ihren elektrischen Drahtesel schwang und ein paar Meter fuhr, merkte ich sofort: „Ok, wir radeln hier in einer ganz anderen Liga.“ Das Fahrgefühl – ohne überhaupt den Motor angemacht zu haben – war so viel besser als auf meinem (seinen wir ehrlich) Schrott-Vélo.
Den ersten Einsatz hatte das Bike auf dem Weg von Fürth nach Nürnberg, ein paar Kilometer zu einer Pizzeria. Schön im Abendlicht an der Pegnitz entlang, den Fahrtwind im Haar. Ich schalte ein bisschen herum, versuche mein neues Gefährt kennenzulernen.
Irgendwann fällt mir auf: Wenn das Treten anstrengender wird, weil es bergauf geht, schalte ich automatisch den Motor eine Stufe höher, statt einen Gang runter. Dabei war das Rad ja an sich schon so gut, dass ich den Mehraufwand auch locker mit meiner eigenen Muskelkraft hätte bewältigen können.
Auf dem Rückweg – Bauch voller Pizza – als ich nur so durch die Nacht düse, realisiere ich, dass das Ganze nicht mehr viel mit Radfahren zu tun hat. Ich könnte genauso gut mit einem E-Scooter fahren können (wenn die nicht so teuer und eine klimapolitische Nullnummer wären). Ich trete eigentlich nur, weil man das auf einem Fahrrad halt so macht. Aber zum Vorwärtskommen habe ich damit nicht viel beigetragen.
Erkennst du die Parallelen zum Schreiben mit generativer KI? Das höherwertige Rad meiner Mutter entspricht in diesem Bild deiner Fähigkeit, einen kompetenten Text zu schreiben. Mein altes Rad entspricht eher unterdurchschnittlichen Textfähigkeiten. Der Motor des E-Bikes ist ein KI-Textgenerator wie ChatGPT. So wie das E-Bike das Vorankommen erleichtert, aber die Muskelkraft überflüssig macht, so verschafft dir ChatGPT schnell zu Texten, aber dein Gehirnschmalz wird links liegen gelassen.
Gründe, warum du trotz ChatGPT lernen solltest, gute Texte zu schreiben
Es wird niemanden überraschen, dass eine Texterin maschinell erstellten Texten kritisch gegenübersteht. Mein Problem mit generativen KIs ist aber gar nicht so sehr ihr Output, der in vielen Fällen (und mit entsprechendem Input) durchaus gut ist. Ich nutze ChatGPT und Perplexity ja selbst und sie sind mir im Arbeitsalltag eine große Hilfe.
Ich mache mir eher darüber Sorgen, was KI mit den Personen macht, die sie nutzen – besonders im Hinblick auf ihre Textfähigkeiten und ihr Schreibverhalten.
Hier sind drei Gründe, warum ich generative KI nicht als Lösung aller Probleme für Schreibmuffel sehe und warum ich dafür plädiere, trotz des guten Outputs dennoch selbst zu schreiben, beziehungsweise zu lernen, Texte zu schreiben.
Grund 1: Schreiben ist hauptsächlich ein Denkprozess.
Schreiben ist mehr als nur das Aneinanderreihen von Wörtern. Für einen guten Text brauchst du Empathie, ein Verständnis für effektive Kommunikation, Analysefähigkeiten und einen Sinn für Effizienz.
Die richtige Formulierung hängt oft auch davon ab, für oder an wen du schreibst. Klar kannst du die KI entsprechend briefen: „Formuliere einen Text für eine vierzigjährige HR-Managerin in einem Bauunternehmen .“ ChatGPT ist so hoch entwickelt, dass es eine durchschnittliche vierzigjährige HR-Managerin in der Baubranche wahrscheinlich gut einschätzen kann.
Was es aber nicht kann, ist eine spezielle HR-Managerin einschätzen. Die KI weiß zum Beispiel nicht, ob sie Wert auf Förmlichkeit legt oder sie bisher Bedenken geäußert hat, auf die du eingehen solltest. Soll heißen: ChatGPT generiert dir vielleicht einen Text, der bei HR-Managerinnen gut ankommt, aber er muss bei ebendieser HR-Managerin nichts bewirken.
Wenn wir schreiben, setzen wir nicht nur Buchstaben zu Wörtern und Wörter zu Sätzen zusammen. Während des Schreibens setzen wir uns mit dem jeweiligen Sachverhalt auseinander: Wir hinterfragen Argumente, entdecken neue Zusammenhänge, entwickeln neue Gedanken (die womöglich alles ändern). Die Rädchen im Hirnkasterl drehen sich jedenfalls. Schreiben ist ein aktiver Zustand.
Wenn wir ChatGPT für unsere Texte nutzen, machen wir Copy & Paste – und das war‘s. Wenn du nicht selbst schreibst, sondern die KI schreien lässt, vergibst du diese Chance. Du delegierst nicht nur das Schreiben, sondern auch das Denken. Das wirkt sich auf die Qualität deines Textes aus – und der all deiner zukünftigen Texte.
Grund 2: Für KI-Texte brauchst du kein Textverständnis.
Texte schreiben lernen heißt in erster Linie verstehen, was gute Texte ausmacht. Wenn du gar nicht weißt, was ein guter Text ist, wie willst du dann einschätzen können, ob dir ChatGPT etwas Vernünftiges ausspuckt?
Oft lesen sich KI-Texte oberflächlich ganz gut. Bei genauerer Lektüre zeigt sich allerdings, dass sie ziemlicher Stuss sind.
ChatGPT zum Beispiel neigt zum Labern. Du stellst eine einfache Frage und es liefert dir fünf Absätze mit detaillierten Infos. Wie eine Schülerin, die die Klausuraufgabe nicht versteht und einfach alles hinschreibt, was sie zum Thema weiß. Das läuft konträr zu einem der wichtigsten Merkmale eines guten Schreibstils: Prägnanz.
Im Übrigen erkennt man mit ein bisschen Übung sofort, ob es sich um einen menschlichen oder einen KI-generierten Text handelt. Der KI-Hang zu Aufzählungen ist da nur ein verräterisches Indiz.
Grund 3: Wenn du schreiben kannst, bist du nie aufgeschmissen.
Man hat ChatGPT nicht immer zur Hand. Auch wenn es eine mobile App gibt und wir uns alle nicht mehr von unseren Smartphones trennen können, gibt es immer noch Funklöcher, Stromausfälle, leere Akkus und technische Störungen.
Ok, das mag selten sein. Aber willst du wirklich nicht mehr ohne Maschine können? Stell dir vor, dein Auto hat einen Platten. Stehst du dann auch – auf deinen beiden funktionstüchtigen Beinen – vor deiner Karre und verzagst: „Wie soll ich jetzt nur zum Supermarkt kommen?“
Lass dich von KI unterstützen, aber verlass dich nicht alleinig auf sie. Künstliche Intelligenz sollte kein Ersatz für deine eigene Intelligenz sein.
Fazit: Texte zu schreiben ist eine der wichtigsten Fähigkeiten, die du dir aneignen kannst
Niemand stellt infrage, dass Kinder in der Schule lernen sollten, wie man liest und schreibt. Beides braucht man auch in Zeiten generativer KI. Irgendwie muss man ja die Prompts formulieren, nicht?
In der Schule lernen wir allerdings nicht, gute Texte zu schreiben. Dort geht es vielmehr darum, die Vielfältigkeit der deutschen Sprache kennenzulernen und kompetent mit ihr umgehen zu können. Als Erwachsene müssen wir deshalb oft noch mal neu lernen, wie man Texte schreibt. Also solche, die das bewirken, was wir uns von ihnen wünschen.
Diese Kompetenz sollten wir weiterhin priorisieren. Selbst wenn ChatGPT uns viel schneller Ergebnisse liefern kann.
Die englische Weisheit „Don’t run before you can walk“ gibt uns hier die Richtung an: Zu lernen, wie man mit ChatGPT Texte erstellt, bevor man gelernt hat, wie man kompetent schreibt, ist wie rennen zu wollen, bevor man laufen kann.
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