Ein „guter“ Schreibstil – gibt es so etwas überhaupt? Das ist doch total subjektiv, oder?
Wenn es um Literatur geht, stimme ich dir zu. Houellbecq, Dan Brown oder E. L. James muss man mögen. Da ist es wie in der Musik: Die eine könnte den ganzen Tag Florian Silbereisen hören, die Nächste nimmt sofort Reißaus, wenn jemand ein Akkordeon auspackt.
Aber bei alltäglichen Texten, die fast alle von uns im Berufsleben verfassen – E-Mails, Newsletter, Anschreiben etc. – gibt es einen Konsensus darüber, was ein guter Schreibstil ist.
Du brauchst grundlegendere Tipps fürs Schreiben? Hier erfährst du, wie du deine Texte am besten angehst:

Gute Texte schreiben: Die 5 wertvollsten Tipps
Wichtiger als der Stil deiner Texte ist ihre Verständlichkeit. Um gut zu schreiben, werden dir diese fünf grundlegenden Tipps weiterhelfen.
Das gehört zu einem gutem Schreibstil
Bei Sachtexten bedeutet ein guter Schreibstil so zu schreiben, dass der Text störungsfrei zu konsumieren ist. Der Inhalt ist beim ersten Lesen verständlich, bei der Leserin entstehen keine Unklarheiten, sie gerät nicht ins Stocken, bleibt nicht an Formulierungen hängen. Ultimativ denkt sie über den Text an sich nicht weiter nach, sondern verarbeitet lediglich die Informationen.
Es gibt eine Reihe von Dingen, die dafür sorgen, dass dein Geschriebenes genau diese Wirkung hat. Wenn du deinen Schreibstil also verbessern möchtest, achte auf diese fünf Aspekte.
1. Setze auf Verben statt Nomen
Sagst du „Wir müssen dazu noch eine Besprechung abhalten“ oder „Wir müssen das noch besprechen?“. Garantiert Letzteres. Das ist für dich einfacher auszudrücken und für dein Gegenüber leichter zu verstehen. Wenn dieser Satz gelesen wird, ist es ganz genau so.
Viele Menschen konzentrieren sich beim Schreiben auf Nomen (Hauptwörter). Das nennt man dann Nominalstil. Viele halten das für professioneller. Vielleicht, weil Nominalstil im Juristendeutsch verwendet wird? Aber liest du dir abends zum Einschlafen noch ein schönes Kapitel aus dem BGB durch? Nö, tust du nicht. Das ist nämlich anstrengende Lektüre.
Besser ist der Verbalstil. Hier wird weniger mit Nomen hantiert, sondern Verben (Tunwörter) verwendet. So wie man das halt mündlich auch macht. Verben schaffen Klarheit und verinfachen Sätze. Also schlag dich nicht unnötig mit irgendwelchen -ungen, -keiten und -heiten rum.
Schreibe statt ...
- Wir kümmern uns um die Einführung des Systems.
- Für den Mailversand ist eine vorherige Zustimmung Voraussetzung.
- Das Haus weist Modernisierungsbedarf auf.
- Ich stelle mich für die Unterstützung Ihrer Aktivitäten zur Verfügung.
, lieber ...
- Wir führen das System ein.
- Damit wir Ihnen Mails senden dürfen, müssen Sie vorher zustimmen.
- Das Haus muss modernisiert werden.
- Ich bin dabei.
2. Formuliere im Aktiv
Verbalstil zwingt dich fast automatisch dazu, im Aktiv zu formulieren. Und das ist auch gut so. Denn Passiv-Konstruktionen machen Texte weniger verständlich. Schau: „Der Besprechungsraum sollte nach Beendung des Meetings in seinen Ursprungszustand zurückversetzt werden“ vs. „Bitte räumen Sie nach der Besprechung den Raum wieder auf“. Satz zwei ist einfacher und direkter.
Im Aktiv zu schreiben bedeutet, dass bei jeder beschriebenen Handlung klar ist, wer sie getan hat, tun soll oder tun wird. Bei Passivformulierungen kannst du dich hingegen herausrausmogeln. Du musst nicht sagen, dass du etwas tust, zum Beispiel dich entschuldigen.. Das macht es in manchen Fällen einfacher, etwas zu schreiben. Aber es ist kein guter Schreibstil.
Passiv erkennst du häufig an dem Wörtchen „zu“ und einer Form von sein, zum Beispiel „die Fenster sind zu schließen“ oder „das Fenster wird geschlossen“.
Schreibe statt ...
- Es wird um Entschuldigung gebeten.
- Der Prozess wurde abgeschlossen.
- Die Tür muss stets geschlossen werden.
, lieber ...
- Wir entschuldigen uns.
- Ich habe den Prozess abgeschlossen.
- Bitte schließen Sie stets die Tür.
3. Kein Schwafeln
Stell dir vor, du bist auf einem runden Geburtstag. Im Festsaal hat der Party-Service ein überwältigendes Büffet aufgebaut: Da stehen saftige Mini-Burger, eine geile Lachsrolle, würzig-cremiger Obatzter mit frischem Baguette, noch dazu russische Eier. Es winken Schokoküchlein mit flüssigem Kern, Apfelstrudel mit Vanilleeis und Tiramisu mit Himbeeren garniert. Aber erst mal hält der Jubilar eine Rede.
Die Ansprache beginnt mit einer Anekdote aus dem Jahr 1952, er zitiert aus allen Zeugnissen von der fünften bis zur 13. Klasse; es folgt die Geschichte, wie er seine werte Gattin kennengelernt hat; die Geburt der vier gemeinsamen Kinder nimmt je eine Viertelstunde in Anspruch. Seine Ausführungen wollen kein Ende nehment. Dabei ist alles, was du hören willst, ist ein: „Danke, dass ihr da seid. Das Büffet ist eröffnet!“
Was du nicht tun solltest, ist diesem Jubilar in deinen Texten nachahmen. Guter Schreibstil bedeutet, man weiß, was in den Text reingehört und was man weglassen kann. Du musst nicht alles niederschreiben, was es zu sagen gibt. Frage dich stattdessen: Welche Informationen sind für meine Leser und Leserinnen relevant und welche nicht? Was wollen sie wissen?
Fasse dich, wann immer möglich, kurz. Wenn du eine E-Mail verfasst, in der du dich für etwas entschuldigen möchtest, entschuldige dich, statt eine Abhandlung darüber zu schreiben, wie es nur zu diesem Fehler kommen könnte.

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4. Vermeide Schachtelsätze
Ein Kriterium für einen guten Schreibstil, das wahrscheinlich die meisten kennen, lautet: keine Schachtelsätze. Du kennst das vielleicht: Du liest etwas und musst dann erst mal eine Pause machen, um zu rekonstruieren, was du da genau gelesen hast. Das ist anstregend.
Niemand mag unnötig komplizierte Texte. Aber warum bilden so viele Leute dann Schachtelsätze? Ich beobachte zwei Phänomene:
- Typ A macht einfach gar keine Kommas. Er setzt schlichtweg keine, außer bei einer Aufzählung.
- Typ B verwendet Kommas anstelle von Punkten. Der Satz könnte zu einem natürlichen Ende kommen. Er wäre kurz, knapp und verständlich. Aber statt einen neuen anzufangen, verlängert er ihn mit einem Komma.
Bei einem guten Schreibstil sind die Sätze aber einfach und verständlich. Hab also Mut zum Punkt.
Schreibe statt ...
- Hilf uns mit deiner Tatkraft, einer Spende oder einfach, indem du anderen von uns erzählst, um uns auf unserem Weg zum Ziel, zu unterstützen!
- Das war, könnte man sagen, ein, wenn auch nicht ganz offensichtlicher, Angriff auf den Bürgermeister, der in seiner Amtszeit, die 2019 begann, nicht immer die Wahrheit gesagt hat.
- Ich liebe Schachtelsätze, da ich, wenn ich die Verschachtelung, die aus möglichst vielen und idealerweise auch völlig überflüssigen Worten bestehen sollte, korrekt einsetze, einer These, deren Aussage inhaltlich wertlos ist, eine gewisse Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen kann.
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- Hilf uns, unser Ziel zu erreichen. Du kannst uns unterstützen, indem du anpackst, etwas spendest oder anderen von uns erzählst.
- Das war ein Angriff auf den Bürgermeister. Seit seinem Amtsantritt 2019 hat er nicht immer die Wahrheit gesagt.
- Ich liebe Schachtelsätze. Wenn ich sie korrekt einsetze, kann ich mit ihnen einer inhaltlich wertlosen These eine gewisse Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen. Dafür sollte die Verschachtelung aus möglichst vielen und idealerweise auch völlig überflüssigen Worten bestehen.
5. Verwende Eigenschaftswörter sparsam
An diesem wunderschönen, sonnigen Tag möchte ich dir, liebe treue Leserin, einige wahrlich fantastische Tipps verraten, wie du deine interessanten und lesenswerten Texte noch hervorragender machst.
Bissl arg, oder? Finde ich auch – und ich bin damit nicht alleine. Du hast im Deutschunterricht sicher beigebracht bekommen, dass Eigenschaftswörter (damals haben wir sie noch Wie-Wörter genannt) Texte lebendiger machen. Sie verleihen ihnen Farbe, weil sie Dinge näher beschreiben. Ein Baum ist kein Baum, sondern ein großer Baum; das Haus ist kein Haus, sondern ein gelbes Haus; der Tiger wirkt gleich furchteinflößender, wenn er ein brüllender Tiger ist, und so weiter.
Prinzipiell ist das richtig und natürlich sind Eigenschaftswörter nützlich. Dennoch solltest du nicht jedes Objekt in deinen Texten genauer beschreiben. Verwende Eigenschaftswörter nur dann, wenn sie notwendig sind. Andernfalls blähst du deine Sätze unnötig auf und verwässerst den Inhalt.
Schreibe statt ...
- Sie sind ein zielstrebiger Steuerberater und suchen eine spannende, verantwortungsvolle neue Aufgabe mit guten Aufstiegschancen in Köln?
- Heute melde ich mich endlich mit den angekündigten Neuigkeiten!
, lieber ...
- Sie sind Steuerberater und suchen eine Stelle mit Aufstiegschancen?
- Heute melde ich mich mit Neuigkeiten!
7 Fragen, die dir zu einem guten Schreibstil verhelfen
Nun hast du einiges an Input bekommen, um deinen Schreibstil zu verbessern. Aber du wirst nicht alle diese Punkte von jetzt auf gleich umsetzen kannst, nur weil du sie ein Mal gehört hast.
Aber du bist schon mal für einen guten Schreibstil sensibilisiert. Um ihn auch umzusetzen, empfehle ich dir, dir folgende Fragen zu stellen, wenn du einen Text schreibst bzw. überarbeitest:
- Versteht man sofort, was gemeint ist?
- Würde ich das auch mündlich so ausdrücken?
- Kann ich das einfacher formulieren?
- Kann ich Sätze kürzen?
- Kann ich Substantive durch Verben ersetzen?
- Kann ich Adjektive streichen?
- Ist klar, wer etwas tut, getan hat oder tun soll?
Schreib dir diese Fragen auf und pinn sie dir über deinen Schreibtisch oder druck dir folgende Grafik aus. Und dann: Auf einen stilvollen Text!
