Gute Texte schreiben heißt nicht fehlerfreie Texte schreiben. Zumindest nicht nach meiner Definition. Gut schreiben heißt für mich hauptsächlich verständlich schreiben. Dann können in einem Text durchaus Grammatik- oder Rechtschreibfehler sein, trotzdem ist der Inhalt klar. Meine wertvollsten Tipps fürs Schreiben sind deshalb solche, die auf die Herangehensweise an einen Text abzielen, statt auf seinen Stil.
Gute Texte
- sind verständlich
- lassen keine (wichtigen) Fragen offen
- kommen bei der Leserin so an, wie beabsichtigt
- werden (gerne) gelesen
Schlechte Texte
- bringen die Leserin ins Stocken
- lassen eklatante Fragen unbeantwortet
- verwirren
- werden nicht (zu Ende) gelesen
Rechtschreibung und Grammatik sind freilich wichtig, aber eher kosmetischer Natur. Wenn der Text solide ist, dann fällt ein falsches Komma oder ein Tippfehler nicht besonders ins Gewicht. Denn meist stören sie das Verständnis ohnehin nicht. Es macht halt nur nicht den besten Eindruck.
Die fünf wichtigsten Tipps, um gut zu schreiben
Schreiben beginnt eigentlich, bevor du die erste Taste drückst oder den Stift aufs Papier setzt, wie dir diese Tipps zeigen werden. Wenn du anständig vorbereitet bist, hast du bereits den Grundstein für gute Texte gelegt.
Tipp 1: Verkompliziere die Sache nicht
Bei Menschen, die sich beim Schreiben unsicher sind, beobachte ich häufig, dass sie die Sache viel zu verkrampft angehen. Sie verhalten sich so, als ob mündliche und schriftliche Sprache zwei vollkommen verschiedene Welten wären.
Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass das tatsächlich der Fall ist. Aber das ist eher ein Zeichen dafür, dass viele Menschen nicht verständlich schreiben. Denn gute Texte sind nicht viel anders als das, was ganz natürlich aus deinem Mund kommt.
Der wichtigste Schreibtipp lautet also: Wenn du einen guten, verständlichen Text schreiben möchtest, mach dir nicht so viele Gedanken. Mach stattdessen das, was du auch tun würdest, wenn du jemandem den Inhalt erzählst:
- Bilde einfache Sätze: Geschriebene Inhalte müssen nicht komplizierter sind als Gesprochenes. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung zu Bandwurmsätzen. Ein Satz ein Gedanke, Punkt.
- Verwende klare Worte: Du musst auch nicht vornehmer klingen als im Gespräch. Wenn dir ein Wort nicht natürlicherweise über die Lippen kommt, sollte es auch nicht aus deiner Feder fließen.
- Verwende Verbalstil: Sagst du „Wir müssen dazu noch eine Besprechung abhalten“ oder „Wir müssen das noch besprechen“?. Garantiert Letzteres. Das ist nämlich für dich einfacher auszudrücken und für dein Gegenüber leichter zu verstehen. Verben schaffen Klarheit. Also jongliere nicht unnötig mit -ungen, -keiten und -heiten rum.
- Formuliere im Aktiv: Der Verbalstil zwingt dich fast automatisch dazu, im Aktiv zu formulieren. Und das ist auch gut so. Denn Passiv-Konstruktionen machen Texte weniger verständlich. Schau: „Der Besprechungsraum sollte nach Beendigung des Meetings in seinen Ursprungszustand zurückversetzt werden“ vs. „Bitte räumen Sie nach der Besprechung den Raum wieder auf“. Satz zwei ist viel direkter.
- Formuliere positiv: Auch Verneinungen blähen Texte unnötig auf. Formuliere deshalb, wenn möglich, positiv. Schreibe statt „er war nicht abgeneigt“ lieber „er war interessiert“. Positiver, kürzer, besser.
Mehr Tipps für einen guten Schreibstil findest du hier:
Guter Schreibstil: 5 Tipps, mit denen du schönere Alltagstexte verfasst
Schachtelsätze oder Nominalstil gelten als unschön. Lies, wie du das vermeidest und was einen guten Schreibstil ausmacht.
Tipp 2: Wisse, was du sagen willst
Viele Text sind schwer verdaulich, weil ihre Verfasserin nicht weiß, was genau drinstehen soll. Insbesondere wenn man viele oder komplexe Informationen vermitteln möchte, wird’s kompliziert. Deshalb ist einer meiner wertvollsten Tipps, sich vor dem Schreiben über folgende Dinge im Klaren zu sein:
- Was soll die Kernaussage meines Texts (der sogenannte Küchenzuruf) sein?
- Welche Informationen sind für die Leserin am wichtigsten, welche weniger wichtig und welche unwichtig?
- Was möchte ich mit dem Text erreichen?
Wenn du einen kurzen Text schreibst, liste dir einfach die Informationen, die du unterbringen willst, vorher auf und bringe sie in eine logische Reihenfolge. Dann schreib los.
Ist dein Text länger, empfehle ich dir, eine Gliederung zu machen. So vergisst du nichts, bringst schon vorher alles in eine logische Reihenfolge und kannst dich schließlich komplett aufs Schreiben konzentrieren. Wie viele Ebenen diese Gliederung hat, ist abhängig davon, wie umfang- und detailreich der Text sein soll.
Dir über deine Absicht deines Texts klarzuwerden (z.B. informieren, überzeugen, verkaufen) hilft dir dabei, den richtigen Ton zu treffen.
Muss man für verschiedene Textformen unterschiedliche Schreibtipps beachten? Meiner Meinung nach sollte man nur Sachtexte und Belletristik unterschiedlich angehen. Ein Roman hat einfach andere Ansprüche als ein Produkttext. Aber bei allen Unter-Textarten treffen grundsätzlich die gleichen Dinge zu – egal, ob lang oder kurz, an welche Zielgruppe sie sich richten und welchen Zweck sie verfolgen.
Tipp 3: Schreibe für deine Leserin
Texte schreibst du in der Regel nicht für dich, sondern für andere. Und deshalb solltest du beim Verfassen immer an deine Leserin denken. Richte den Text an ihr aus. Dafür musst du natürlich wissen, wer sie ist. Für verschiedene Zielgruppen formuliert man auch unterschiedlich (aber nicht radikal anders).
Um einen Text für deine Leserin verständlich aufzubereiten, musst du wissen (oder zumindest vermuten):
- was sie weiß und was sie nicht weiß
- welche Erwartungen sie hat
- welche Bedürfnisse sie hat
- was sie interessiert
- welche Sprache sie erwartet bzw. versteht
Formuliere deine Inhalte entsprechend. Das bedeutet auch manchmal, die eigene Eitelkeit hinten anzustellen und die verständliche Formulierung, statt die in deinen Augen schönere oder cleverere zu wählen, oder einen Witz wegzulassen, weil er auf Unverständnis treffen würde.
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Tipp 4: Strukturiere deine Texte gut
Leserinnen wird es leichter fallen, deinen Text zu verstehen, wenn er logisch aufgebaut ist. Das heißt die wichtigen Informationen kommen zuerst, weniger wichtigere später. Hauptsächliches kommt in Hauptsätze, Nebensächliches in Nebensätze.
Beachte auch, dass nicht alle deine Informationen oder Gedanken für deine Leserschaft relevant sind. Du musst nicht alles unterbringen, was es zu wissen gibt. Wenn es für die Leserin nicht wichtig ist, lass es weg.
Strukturiere den Text auch optisch, um ihn besser erfassbar zu machen. Also setze nicht nur auf Fließtext und vollständige Sätze. Nutze verschiedene Formatierungsmöglichkeiten, wo sie sich anbieten:
- Aufzählungszeichen
- Zwischenüberschriften
- fett, kursiv, unterstrichen
- Hervorhebungen („Textmarker“)
Tipp 5: Pflege einen guten Stil
Ein guter Text hat einen schönen Lesefluss. Konkret heißt das, der Text (außer er ist super kurz) hat einen Anfang, einen Hauptteil und ein Ende.
Deine Sätze sollten auch aneinander anschließen beziehungsweise aufeinander aufbauen. Dabei helfen dir Verbindungswörter, wie etwa denn, da, daher, demnach, also, folglich usw. Du musst nicht jeden Satz mit dem nächsten verbinden (das kann auch bissl nervig werden). Aber wenn ein Zusammenhang zwischen ihnen besteht (eine Folge, eine Voraussetzung, These und Erklärung etc.), dann tu es.
Achte auch auf die Länge deiner Sätze. Sie müssen, wie in Schreibtipp Nr. 1 beschrieben, nicht lang sein, aber sie sollten auch nicht alle gleich lang sein. Wenn jeder Satz beispielsweise aus acht Wörtern besteht, liest sich das ehr monoton. Das erinnert an Schäfchen zählen und hat eine ähnliche Wirkung.
Und ich bitte dich inständig: Vermeide Floskeln, Plattitüden und inhaltslose Phrasen. Wenn eine Formulierung keinen Mehrwert hat, lass sie weg. Sie bläht den Text nur auf.
Fürs Schreiben waren das die wichtigsten Tipps. Aber einer der wichtigsten Schreibtipps setzt danach an: Lektoriere deine Text immer, bevor du sie veröffentlichst, verschickst, aushängst was auch immer. Prüfe sie auf Grammatikfehler und beäuge den Inhalt nochmal kritisch. Zeig dabei keine Gnade. Was nichts taugt, unverständlich oder nur Schmuckwerk ist, muss raus. Auch wenn es eine tolle Formulierung war.
Fazit: Schreibtipps sind keine Gesetze
Wenn du ein Verständnis dafür entwickelst, was ein guter Text ist und wie man Inhalte verständlich verpackt, wird dir das Schreiben leichter fallen – das ist der Sinn dieser Tipps.
Im Internet und in Schreibratgebern findest du noch viele, viele weitere Schreibtipps und ellenlange Listen von Dingen, die du beachten sollst. Wenn du fortgeschritten bist, kannst du sie dir anschauen. Vieles davon ist richtig. Ich glaube aber, wenn du erstmal ins Schreiben reinfinden musst, wird dich diese Flut an Ratschlägen überfordern.
Außerdem möchte ich dir noch mitgeben, dass keine Schreibtipps – auch nicht meine – in Stein gemeißelte Wahrheiten sind. Sie dienen der Orientierung. Du kannst deine Texte komplett anders schreiben und sie können trotzdem gut sein.