Es gibt Frauen, die einfach zu cool sind für diese Welt. Für mich ist Nancy Pelosi eine von ihnen.
Nancy wer? In der breiten deutschen Öffentlichkeit ist Frau Pelosi vielleicht nicht so bekannt wie unter US-politversessenen freiberuflichen Texterinen mit B. A. in Politikwissenschaft. Deshalb lass mich sie kurz vorstellen.
Nancy Pelosi ist (noch) die mächtigste Frau in der Geschichte Amerikas (Harris-Walz 2024!). Sie war von 2007 bis 2011 und von 2019 bis 2023 die erste weibliche Sprecherin des Repräsentantenhaus und hatte damit zweimal das dritthöchste Amt in den Vereinigten Staaten inne. Außerdem war sie zwanzig Jahre lang die Fraktionschefin der Demokraten im Unterhaus.
Pelosi ist bekannt für ihr legislatives Talent, ihre Fähigkeit, ihre Fraktion unter Kontrolle zu halten und ihre unerschütterliche Coolness.
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Jetzt hat Pelosi mit 84 Jahren ein Buch geschrieben mit dem Titel „The Art of Power: My Story as Americ’s First Woman Speaker of the House“. Darin beschreibt sie wie sie an ihre Führungsposition gelangte und wie sie als Leader in wichtigen Situation (darunter die Abstimmung zum Irak-Krieg 2003, die Finanzkrise 2008 und den Sturm auf das Kapitol 2021) gehandelt hat.
Zitate von Nancy Pelosi über Leadership
Ich habe Nancy Pelosis Buch gelesen (und kann es allen Politiknerds empfehlen) und möchte dir einige Zitate von ihr als Inspiration mit auf den Weg geben.
Ein Hinweis: Das Buch ist bisher nicht auf Deutsch erschienen. Deshalb sind alle Zitate meine eigenen Übersetzungen.
Bescheidenheit ist keine Zier (für Female Leaders)
Bevor sie Kongressabgeordnete war, war Nancy 1981 gleichzeitig Vorständin der Demokratischen Partei in Kalifornien, Vorständin des Compliance-Kommitees des Parteitags der Demokraten und Vorständin des Gastgeber-Kommitees für den Parteitag in San Francisco – und dachte, das seien zu viele Titel. Sie überlegte, ob sie nicht ein Amt aufgeben sollte. Eine andere Politikerin Lindy Boggs meinte daraufhin:
„Liebes, kein Mann würde sowas jemals sagen. Wisse um deine Macht und nutze sie.“
1987 zog Pelosi im Alter von 46 Jahren als fünffache Mutter in den Kongress ein. Zu diesem Zeitpunkt waren Frauen „nicht nur eine Minderheit, sondern eine Rarität“.
Mit ihrer Wahl zur Chefin der US-Demokraten im Unterhaus 2001, übernahm zum ersten Mal überhaupt eine Frau eine Führungsrolle in der Kammer ein.
„Endlich hatten wir den Fuß in der Tür. Mein nächster Gedanke war: „Wir wollen mehr“. Mehr Frauen. Mehr Vielfalt. Mehr Mitspracherecht.“
Frauen haben sich lange genug hinten angestellt
Zu oft wird von der Wichtigkeit von Female Leadership oder verbindlichen Frauenquoten gesprochen, ohne klarzumachen, warum das nötig ist. „Das sollte doch inzwischen jede:r wissen“, könnte man meinen. Aber das tun eben nicht alle. Speaker Emerita Pelosi erinnert in ihrem Buch an die Gründe:
„Obwohl sie wissen, dass sich Frauen in Führungspositionen allgemein sehr ethisch verhalten, nutzen Kritiker diese positive Eigenschaft zynischerweise, um falsche Behauptungen in die Welt zu stellen. Wenn wir Frauen im Ämter wählen, geht es nicht nur um eine Zahl, sondern um die Qualität ihrer Führung. Es geht darum, Meinungsvielfalt zu haben, um Amerika wirklich repräsentativ zu vertreten.“
Pelosi erinnert sich, dass einige der mächtigsten Männer im Kongress nicht nur wollten, dass sie ihre Kandidatur als Fraktionschefin verliert. Sie wollten, dass sie gar nicht erst antritt. Denn es gäbe ja genügend männliche Abgeordnete, die schon viel länger auf eine Führunsgsrolle warteten als sie.
„Ich sagte ihnen, dass Frauen seit über 200 Jahren warteten – und damit verdammt viel länger als die Männer.“
Ohne Fleiß kein Preis
Viele politische Beobachter bezeichnen Pelosi als mächtigsten und erfolgreichsten Speaker (inklusive der Männer) in der Geschichte des Repräsentantenhauses. Sie konnte viele monumentale Gesetze durch ihre Kammer kriegen und musste nur selten eine Niederlage einstecken. Sie hat Gesetzeentwürfe nur zur Abstimmung gebracht, wenn sie sich sicher wahr, dass sie auch die nötigen Stimmen für die Verabschiedung hatte.
Das ist kein Zufall, sondern Kalkül:
„Ganz einfach gesagt: Ohne sich vorzubereiten und seine Hausaufgaben zu machen, geht es nicht.“
Und wenn man sich vorbereitet und seine Hausaufgaben gemacht hat, kann man auch selbstbewusst auftreten und etwas sagen wie:
„Es klingt vielleicht nicht bescheiden, aber niemand im Kongress weiß mehr über China als ich.“
Dass das keine Selbstüberschätzung ist, zeigen die Details:
„Seit drei Jahrzehnten habe ich jeden Tag mindestens eine Stunde damit verbraucht, meine Hausaufgaben in Sachen China zu machen. Ich konsumiere Informationen zu Themen von Menschenrechten über nukleare Proliferation bis zu Handel. Einmal hat mir mein geschätzter Kollege Jack Murtha vorgeschlagen, dass ich meine Lektüre vom Abend auf den Morgen verschieben sollte, weil ich mich das, was ich gelesen habe, zu lange wachgehalten hat.“
Leaders gotta lead
Die Hauptaufgabe einer Führungskraft ist – logischerweise – ein Team zu führen. Und dessen Mitglieder müssen nicht immer unbedingt einer Meinung sein. Wie sorgt man da für Zusammenhalt? Pelosis Antwort lautet: „Mit Respekt“.
„Macht entsteht nicht top down, sondern bottom up. Um das zu erreichen, habe ich allen demokratischen Abgeordneten gegenüber immer meinen Respekt zum Ausdruck gebracht. Ich hörte mir stets ihre Meinung an; ich wollte, dass sie wissen, dass wir eine Gemeinschaft sind und dass ich ihre Zeit wertschätze.“
Aber was, wenn sich am Ende doch nicht alle auf einen gemeinsamen Nenner einigen können? Dann muss die Führungskraft ihre Autorität geltend machen:
„Wir müssen nicht immer zu einer Übereinstimmungen kommen. Als verantwortungsvoller Leader unserer Fraktion war es allerdings meine Rolle, diejenigen, die anderer Meinung waren oder eine andere Ansicht für ihren Stimmkreis vertraten, zu bitten, den Konsensus zu respektieren.“
Nancys Geheimrezept für effektive Besprechungen
Wie schaffe ich in meinem Team gute Laune und sorge trotzdem dafür, dass alle bei der Sache sind? Frau Pelosi hat ein ungewöhnliches Mittel:
„In meiner Zeit als stellvertretende Chefin der Demokratin habe ich gelernt, dass wenn ich Fraktionsmitglieder, gute Laune haben und sie wohlfühlen, wenn ich sie mit Essen versorge. Ich habe italienische Wurzeln, deshalb liegt es mir im Blut, Menschen Essen zu unterbreiten. (…) Als ich Speaker war, veranstalteten wir Frühstücke, Lunches und Abendessen. (…) Ich hab das nicht als Taktik betrachtet, sondern als ein Ausdruck von Liebe; als eine Art zu sagen: „Wir kümmern uns um euch, ihr seid uns wichtig und wir wollen, dass ihr euch wohlfühlt.“ Aber manchmal (…), wenn die Besprechungen kontrovers und langwierig wurden, musste ich abwägen: Stelle ich jetzt Essen hin, um die Stimmung zu heben – oder lass ich sie hungern, um die Diskussion zu einem Ende zu bringen?“
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Clowns gibt’s überall
Wer in einer Führungsposition ist, kann sich weder seine Teammitglieder noch seine Verhandlungspartner immer aussuchen. Und manchmal befinden sich schwierige Typen unter ihnen. Nancy Pelosi musste sich mit Donald Trump herumschlagen – wer kann sich da noch über einen komischen Kauz in seinem Unternehmen beschweren?
Die republikanische Partei dämonisiert Pelosi seit Jahrzehnten. Donald Trump, der es schafft, jedem Fass den Boden auszuschlagen, bezeichnete sie als „crazy Nancy“, als „dog“, „dangerous“ und „evil“ und behauptete, sie hätte den Sturm aufs Kapitol ausgelöst.
Wie flippt man nicht aus? Pelosi sagt:
„Ich kann es mir nicht leisten, aufzustehen und aus dem Raum zu stürmen, wenn jemand etwas Unhöfliches über mich sagt. Ich beachte das nicht mal, denn ich weiß, dass es mehr über mein Gegenüber aussagt als über mich.“
Nancy Pelosi behauptet von sich, ein dickes Fell zu haben. Aber das heißt nicht, dass sie alles über sich ergehen lässt und ihr Unwürtiges einfach ignoriert. Wie dieses Beispiel demonstriert:
„Mit aller Freundlichkeit und Prayerfullness, die ich aufbringen konnte, entschied ich , dass dieses Telefonat [Anmerkung: mit einem Bischoff, der bahauptete, der demokratische Gesetzesentwurf zur Reform der Krankenversicherung würde ‚ungeborene Babys töten‘] eine Verschwendung meiner Zeit war.“
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Nancy Pelosi personifiziert Female Leadership
Eine politische Führungsrolle einzunehmen, ist nochmal ein anderes Kaliber als Abteilungsleiterin oder Geschäftsführerin zu sein. Entscheidungen haben eine viel größere Tragweite, das Aufgabenfeld ist wahnsinnig breit und die Verantwortung geht über ein paar Hundert Mitarbeitende hinaus.
Trotzdem gibt es einige Überschneidungen. Führen heißt nun mal führen. Es heißt Verantwortung übernehmen, Entscheidungen treffen und Teams zusammenhalten.
Nancy Pelosi ist für mich ein Paradebeispiel dafür, wie ein Female Leader aussehen sollte: kompetent, verantwortungsbewusst, cool und no nonsense.