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Nominalstil und Verbalstil erklärt: So machst du deinen Schreibstil lebendiger

„Vermeide Nominalstil“ ist der vielleicht häufigste Tipp, wenn es darum geht, wie du deinen Schreibstil verbessern kannst (ich geb ihn auch in meinen Tipps für bessere Formulierungen.)

„Ok, ok“, magst du denken, „Nominalstil = no bueno. Verstanden. Aber was ist das überhaupt und wie vermeide ich ihn denn?“. In diesem Artikel zeigt ich dir, wie Nominalstil und Verbalstil funktionieren und warum es sich lohnt, auf Zweiteren zu setzen.

💡 Damit du dich in diesem Artikel besser zurechtfindest, lass mich dir zwei Begrifflichkeiten erklären. Nomen ist nur ein anderes Wort für Hauptwort. Hauptwörter sind zum Beispiel Haus, Katze, Hund, aber auch Haushalt, Katzenliebe und Hundevernarrtheit. Es sind die Wörter, die wir großschreiben Verb ist ein anderer Begriff für Tunwort. Das sind Wörter wie bauen, miauen, bellen usw.

Was sind Nominalstil und Verbalstil?

Es gibt viele verschiedene Schreibstile. Nominalstil und Verbalstil ist der wahrscheinlich grundlegendste und offensichtlichste stilistische Unterschied zwischen Texten. Falls du jetzt denkst: „Mir fällt der Unterschied aber nicht gleich auf“, lass uns beide Stil kurz unter die Lupe nehmen, damit wir wissen, worüber wir sprechen.

Was ist Nominalstil?

Nominalstil leitet sich also von „Nomen“ ab. Und das ist auch schon die ganze Erklärung:

➡ In einem Satz, der im Nominalstil verfasst ist, gibt es mehr Nomen als Verben.

Was ist daran verkehrt? Nomen sind doch auch nicht besser oder schlechter als andere Wortarten, oder? Prinzipiell nicht. Wenn du ein Nomen brauchst, solltest du ein Nomen verwenden. Es durch eine andere Wortart ersetzen wäre Quatsch. Wie willst du „Haus“ oder „Zuversicht“ als Verb oder Eigenschaftswort ausdrücken?

Das Ding ist: Viele Menschen verwenden in ihren Texten Nomen, wenn ein Verb viel besser wäre. Da Nominalstil viel von Behörden und im Rechtsdeutsch verwendet wird, hängt ihm ein ungerechtfertigter Ruf von Professionalität nach. Das führt dazu, dass viele denken, sie können nicht so schreiben, wie sie sprechen – besonders im beruflichen Kontext. Aus einem präzisen mündlichen „Wir sollten das mal besprechen“ wird dann verschriftlicht ein umständliches  „wir sollten dazu eine Besprechung abhalten“.

Beispiele für Nominalstil

Bei kurzen Sätzen hält sich der negative Effekt von Nominalstil noch in Grenzen. Aber lies dir mal diese Beispiele für Nominalstil durch und dir fällt vielleicht auf, warum er unter Textexpertinnen so verpönt ist:

  • Die Koordination der Projektabläufe und die Sicherstellung der termingerechten Lieferung haben höchste Priorität.
  • Die Umsetzung von Maßnahmen zur Optimierung der Kundenzufriedenheit ist entscheidend für den langfristigen Erfolg.
  • Die Einführung eines neuen CRM-Systems erfordert eine sorgfältige Planung und die Schulung der Mitarbeitenden.
  • Die Vermeidung von Kommunikationsdefiziten trägt wesentlich zur Verbesserung der internen Zusammenarbeit bei.

Nachteile von Nominalstil

Das ist nicht so leicht zu lesen, oder? Zu viele Nomen in einem Satz überfordern unser Hirn, sie machen ihn schwer und sperrig. Der „Hä, was?“-Effekt setzt ein: Du musst den Satz noch mal langsam lesen und Wort für Wort entziffern, um den Sinn zu verstehen.

Außerdem wirkt Nominalstil unpersönlich. Ein Satz wie „Um Verständnis wird gebeten“ verrät dir nicht, wer eigentlich um Verständnis bittet. So fühlst du dich weniger angesprochen und weniger gewillt, dieses Verständnis aufzubringen.

Vorteile von Nominalstil

So unschön Nominalstil ist, er hat auch seine Berechtigung. Nominalformulierungen sind oft präziser als Verbalstil. Gerade deshalb wird dieser Schreibstil in der Wissenschaft, in Rechts- und Verwaltungstexten eingesetz. Denn er lässt nicht viel Interpretationsraum.

Außerdem macht Nominalstil Sätze kürzer. Eine gute Voraussetzung für Überschriften und Hinweisschilder.

Was ist Verbalstil?

Nun zum großen Gegenspieler des Nominalstils: der Verbalstil. Was dürfen wir uns darunter vorstellen?

➡ Verbalstil bedeutet, dass Sätze mehr Verben als Nomen haben.

Damit ähnelt dieser Schreibstil unserer natürlichen mündlichen Ausdrucksweise. In der Regel sprechen Menschen im Verbalstil (Ausnahme: nicht wenige Politiker).

Hier ein paar Beispiele, für Sätze, die im Verbalstil formuliert sind:

  • Das Team diskutierte den Plan ausführlich und beschloss, ihn umzusetzen.
  • Wir bereiten die Präsentation sorgfältig vor, damit sie alle wichtigen Punkte abdeckt.
  • Loben Sie gute Leistungen regelmäßig, um das Engagement im Team zu fördern.
  • Besprechen Sie die aktuellen Herausforderungen im Teammeeting, um gemeinsam Lösungen zu finden.

Vor- und Nachteile von Verbalstil

Verbalstil macht Sätze verständlicher und direkter. Weil Verben nicht ohne persönliche Fürwörter (ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie) funktionieren, macht sie das auch persönlicher. Du liest und weißt, wer sich entschuldigt, wer dich um etwas bittet usw.

Dafür ist Verbalstil meist länger, denn oft benötigt man Nebensätze (und dann muss man sich wieder mit Kommasetzung rumschlagen).

Gegenüberstellung von Nominalstil und Verbalstil

Am deutlichsten wird der Unterschied zwischen Nominalstil und Verbalstil, wenn man inhaltlich identische Sätze in den beiden Stilen gegenüberstellt:

Nominalstil: Um Entschuldigung wird gebeten.

Verbalstil: Wir entschuldigen uns.

Nominalstil: Es besteht die Möglichkeit einer persönlichen Besprechung.

Verbalstil: Wie können das auch persönlich besprechen.

Nominalstil: Das Unternehmen beschäftigt sich mit der Konstruktion, Entwicklung und Fertigung von Metallkomponenten für Automobilhersteller.

Verbalstil: Das Unternehmen konstruiert, entwickelt und fertigt Metallkomponenten für Automobilhersteller.

Nominalstil in Verbalstil umwandeln: So machst du's

Ich hoffe, ich hab dich nun soweit, dass du diesen Schreibstil vermeiden möchtest. Um einen Satz leichter und dynamischer zu gestalten, solltest du Nominalstil in Verbalstil umwandeln. Ich zeig dir, wie du das Schritt für Schritt machst.

Schritt 1: Nominalisierungen auflösen

Wenn dir auffällt, dass ein Satz viele Nomen enthält (du erkennst sie oft an den Endungen -heit, -keit oder -ung), frag dich „Welche Handlung steckt hier drin?“.

Zum Beispiel:

  • Nominalstil: Die Optimierung der Prozesse ist notwendig.
  • Verbalstil: Wir müssen die Prozesse optimieren.

Schritt 2: Subjekte und Akteure einfügen

Im Nominalstil fehlen oft klare Akteure. Frag dich nun: „Wer handelt hier?“

Zum Beispiel:

  • Nominalstil: Die Durchführung der Schulung erfolgte durch das Team.
  • Verbalstil: Das Team führte die Schulung durch.

Schritt 3: Präpositionen vermeiden

Nominalstil liebt Präpositionen wie durch, bei, für. Der Verbalstil braucht sie selten. Ersetze sie durch aktive Verben.

Zum Beispiel:

  • Nominalstil: Die Entscheidung über die neuen Maßnahmen steht aus.
  • Verbalstil: Wir müssen noch über die neuen Maßnahmen entscheiden.

Schritt 4: Sätze kürzen

Oft hilft es, lange Konstruktionen aufzubrechen. Frag dich: Was kann ich streichen oder einfacher formulieren?

Zum Beispiel:

  • Nominalstil: Die Verbesserung der Kommunikation zwischen den Abteilungen trägt zur Effizienzsteigerung bei.
  • Verbalstil: Wenn die Abteilungen besser kommunizieren, arbeiten wir effizienter.

Der Sinn dabei, Nominalstil in Verbalstil umzuwandeln, ist es, aus statischen Konstruktionen wieder lebendige Sätze zu machen. Deine Texte werden so klarer, verständlicher und wirken persönlicher.

Wie bereits erwähnt, kann Verbalstil lange Sätze bewirken. Falls du bei der Umformulierung einen Monstersatz geschaffen hast, schau doch, ob du nicht zwei Sätze daraus machen kannst.

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Fazit: Nominalstil muss meistens nicht sein

Nominalstil macht Texte schwer verständlich, unpersönlich und oft unnötig kompliziert. Verbalstil hingegen bringt Dynamik, Klarheit und Nähe zu deinen Leserinnen. Indem du Nominalstil in Verbalstil umwandelst, machst du deinen Schreibstil lebendiger und zugänglicher.

Dafür muss dir natürlich erst einmal auffallen, wenn du Nominalstil verwendest. Wirf also ein kritisches Auge auf deine Sätze:

  • Enthalten sie mehr Nomen als Verben?
  • Müssen die Nomen darin wirklich Nomen sein?


Setze auf Verbalstil, wenn du verstanden und geschätzt werden willst – denn gute Texte sprechen die Sprache der Menschen, nicht Bürokratendeutsch.

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Hi, ich bin Julia

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