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10 Jahre als Texterin: Meine Highs & Lows

Zehn Jahre – so lange verdiene ich mittlerweile meinen Lebensunterhalt mit Texten. Ich hab die KI mal mutmaßen lassen, wie viele Wörter ich in dieser Zeit wohl verfasst habe. Sie schätzt 4.800.000. Kommt das hin? Ich weiß es nicht.

Was ich weiß, ist, dass mir das Schreiben noch immer so viel Spaß macht wie 2015. Und dass ich im vergangenen Jahrzehnt nicht nur eine Menge gelernt habe, sondern auch eine Reihe Schreibkrisen durchlebt habe.

In diesem Artikel teile ich sechs prägende Momente meiner Laufbahn als Texterin mit dir – drei Tiefpunkte und drei Highlights. Denn selbst wenn man professionell schreibt, verzagt man gelegentlich an Texten. Vielleicht tröstet dich das ja ein wenig, wenn du das nächste Mal überhaupt nicht weißt, was du schreiben sollst und das Gefühl hast, null Talent zu besitzen. Glaub mir: Ich kenne das.

3 Schreibkrisen: Bin ich im falschen Job gelandet?

Fangen wir mit den Tiefpunkten an. Die drei Situationen, die ich dir hier schildere, haben mich ernsthaft zweifeln lassen, ob ich wirklich gut schreiben kann. Das ist generell kein angenehmes Gefühl, aber erst recht nicht, wenn dein Einkommen von dieser Fähigkeit abhängt.

1. Selbstständig gemacht – und sofort bereut?

Im Laufe des Jahres 2019 wurde ich immer unzufriedener mit meiner damaligen Anstellung. Ich dachte, es wird einfach Zeit für etwas Neues. Also habe ich Stellenausschreibungen durchforstet. Doch gefunden habe ich nichts Passendes. Denn bei jeder potenziellen Anstellung hatte ich Gefühl, dass das, was mich momentan stört, mich auch dort stören wird. Das Problem war also meine Beschäftigungsform, nicht irgendein bestimmter Job.

Und während ich wochenlang ratlos vor mich hinfristete, nahm mir eines Morgens auf dem Arbeitsweg ein Auto die Vorfahrt, ich stürzte vom Fahrrad und brach mir den Ellenbogen. Anschließend war ich zwei Monate krankgeschrieben – und gar nicht unglücklich darüber.

Julia nimmt ein Spiegelselfie auf, auf dem ihr eingegipster rechter Arm zu sehen ist

Ok, zwei Monate Auszeit ohne Schmerzen und mit einem funktionierenden rechten Arm wären schöner gewesen. Aber diese unverhoffte Schaffenspause führte dazu, dass ich mich intensiv mit einer möglichen Selbstständigkeit beschäftigte – etwas, was ich bis dato nie für mich in Erwägung gezogen hätte.

Ich kam zu dem Schluss: Das ist es! Das mache ich jetzt. Und begann, eine Website für mein zukünftiges Business zu erstellen. Und – zack!  – war sie da, meine erste Identitätskrise als Texterin.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits drei umfangreiche Unternehmenswebsites betextet. Doch meine eigene zu verfassen, fiel mir unheimlich schwer. Natürlich wusste ich, was dort stehen sollte, welche Textelemente ich brauchte, worauf es ankommt. Doch wirklich einen Text zusammenzuklöppeln stellte sich als schier unüberwindbare Hürde heraus.

Und weil es mir derart schwerfiel, begann ich ernsthaft an meiner Entscheidung zu zweifeln: Wie würde ich als Texterin meinen Lebensunterhalt verdienen können, wenn ich es noch nicht mal schaffte, meine eigene Website zu schreiben? Wie kann ich das nicht können? Was könnte einfacher sein, als über sich selbst zu schreiben?

2. Mein erster Verriss: Bin ich überhaupt gut genug?

Irgendwann hatte ich dann meine Website online genommen. Nun ging es daran, mich und mein Angebot bekannt zu machen.

In einer Facebook-Gruppe für Bloggerinnen suchte ein anderes Mitglied nach Personen, die für ihren ebenfalls sprachlich fokussierten Blog Gastbeiträge schreiben möchten. Sie schlug auch direkt einige Themen vor.

Eines davon – warum Bloggen besser sei als Social Media – war genau mein Ding. Ich meldete mich bei ihr und wir vereinbarten, dass ich einen Artikel für sie schreiben würde.

Der ging mir auch deutlich leichter von der Hand als meine ollen Website-Texte. Wenig später schickte ich ihr den Beitrag zu. Ihre Antwort kam prompt: Der Text sei nicht gut und sie würde ihn nicht veröffentlichen.

Schluck.

Nicht gut? Aber ich wollte doch genau damit– Blogartikel schreiben – Geld verdienen. Und nun wurde mein erster geschriebener Artikel, für den meine „Kundin“ noch nicht mal etwas zahlen musste, als unbrauchbar abgestempelt? Von einer anderen Texterin?

Das hat mich erst mal wirklich aus der Bahn geworfen. Zwei, drei Tage lang wankte ich mit einem flauen Gefühl im Magen durch meinen Alltag.

Julia sitzt an ihrem Schreibtisch und blickt nach links aus dem Fenster

Dann habe ich mir das Feedback – und unsere ursprüngliche Korrespondenz – noch mal näher angesehen. Und habe festgestellt: Das Problem ist nicht die Qualität meines Textes, zumindest nicht ausschließlich.

Bei erneuter und nüchternerer Betrachtung erkannte ich, dass die Blogbetreiberin und ich von Anfang an unterschiedliche Vorstellungen davon hatten, was in dem Artikel stehen sollte. Wir haben irgendwie aneinander vorbeigeredet.

Außerdem hatten wir zwei völlig unterschiedliche Schreibstile. Wenn ich ehrlich bin, gefielen mir ihre Beiträge nicht und ich fand sie auch im Austausch eher unsympathisch. Aber weil ich frisch selbstständig war und meine Chance gewittert habe, ein bisschen Sichtbarkeit zu erlangen, habe ich diese Bedenken ignoriert und meinen Text geschrieben – nur damit sie mir ihn dann um die Ohren haut.

3. Schreiben mit Korsett – wieso kann ich das nicht?

Spulen wir ein paar Jahre vor. Obwohl die Selbstständigkeit ein ständiges Auf und Ab ist, hatte sich inzwischen doch eine gewisse Routine eingestellt. Auftragsmäßig lief es ganz gut. Dann bin ich an eine bekannte Agentur geraten, die Content für einen sehr namhaftes Unternehmen produzierte – und zwar genau zu dem Thema, mit dem ich in meiner Anstellung zu tun hatte.

Es wirkte also erst mal wie ein Faust-aufs-Auge-Projekt. Die Bezahlung war eher mäßig, aber das ist bei der Zusammenarbeit mit Agenturen nichts Ungewöhnliches. Dafür würde ich für mehrere Monate beschäftigt sein und müsste mich in dieser Zeit nicht um neue Kundschaft kümmern.

Es stellte sich jedoch nach wenigen Texten heraus, dass die Bezahlung nicht der einzige Haken an dem Projekt war. Die Briefings, die ich bekam, brachten mich an den Rand der Verzweiflung. Denn sie waren extrem kleinteilig. Darin wurde nicht nur festgehalten, welche Botschaft transportiert, welche Keywords verwendet oder welcher CTA integriert werden sollte. Nein, jeder Abschnitt war detailliert geplant:

  • Einleitung: 80 – 100 Wörter, Detail x erwähnen
  • Zwischenüberschrift: Keyword 1 verwenden, maximal 8 Wörter
  • Zweiter Abschnitt: 150 – 200 Wörter, Zitat von XY einfügen
  • ad infinitum für einen 1.500 Wörter langen Artikel


Das fühlte sich für mich uangenehm einschränkend an. Ich habe mich gefragt, warum die Agentur mir nicht auch noch die zu verwendenden Wörter vorgibt und ich sie nur noch in die richtige Reihenfolge bringen muss.

Die zuständige Lektorin war mit meiner Arbeit so unzufrieden, dass ich meine Texte öfter überarbeiten musste als vorgesehen und sich das ganze Projekt für mich überhaupt nicht mehr rechnete.

„Wo ist eigentlich mein Problem?“, fragte ich mich. „Ich bin doch Texterin. Wieso kann ich nicht einfach einen Text so schreiben, wie der Auftraggeber ihn von mir erwartet?“ Es war ja alles da, was ich brauchte. Ich musste ihn „nur“ noch schreiben.

Ich zweifelte daran, ob ich wirklich eine gute Texterin sei, wenn ich exakte Vorgaben nicht einfach umsetzen könnte. Bis heute bin ich mir nicht sicher, ob es eine Schwäche meinerseits ist, Texte nicht nach starren Vorgaben schreiben zu können; oder ob es einfach nicht meinen Stärken entspricht.

3 Highlights meiner Textkarriere

Wenden wir uns den schöneren Seiten des Schreibens zu: wenn es Klick macht, so richtig läuft und man happy mit seinem Text ist. Hier sind drei euphorische Momente aus den letzten zehn Jahren.

1. Wolf Schneider tritt in mein Schreibleben

In den ersten Jahren, in denen ich als Texterin arbeitete, dachte ich, ich schreibe ganz gut. Aber ich schrieb rein intuitiv. Wirklich „gelernt“ habe ich gutes Schreiben nie. Als Kind hatte ich viel gelesen und ein gewisses Sprachgefühl war bei meinem Modell serienmäßig dabei. Vielleicht hatte ich hier und da mal einen Schreibtipp aufgeschnappt, aber eine wirkliche Lehre in Sachen Texten gab es nicht.

Dann war ich als Teil meines zweiten Volontariats (das ich, wie das erste auch, abgebrochen habe) bei einer Fortbildung an der Akademie der bayerischen Presse in München. An das eigentliche Thema kann ich mich nicht mehr erinnern. Was hängen geblieben ist, ist die Empfehlung der Dozentin oder des Dozenten, Wolf Schneider zu lesen.

Wolf wer? Wolf Schneider war ein deutscher Journalist und langjähriger Leiter der Henri-Nannen-Schule. Er galt als „Sprachpapst“ und hat mit seinen Büchern und Regeln für klares, verständliches Deutsch Generationen von Journalisten geprägt.

Ich kaufte mir sein Buch „Deutsch für junge Profis“, das als Handbuch für einen guten Schreibstil gilt. „Wie man gut und lebendig schreibt“ lautet der Untertitel. Genau das erfährt man darin. Ich habe endlich Erklärungen bekommen für Dinge, die ich bisher nur gefühlt hatte. Und neue Regeln gelernt, die mir total eingeleuchtet haben. Und es hat meinen Stil prägnanter gemacht.

Ich würde meine Schreibkarriere jedenfalls in eine Zeit vor Wolf Schneider und eine Post-Wolf-Schneider-Ära einteilen.

2. Ich alle in einen Schreibjungbrunnen

Gegen Ende der 2010er-Jahre war ich bereits einige Jahre als Content-Marketing-Managerin in der IT-Branche beschäftigt und schrieb am laufenden Band Texte über Software. Irgendwann bestand mein Wortschatz gefühlt nur noch aus Lösung, Effizienz, Produktivität, Benefits und Return-on-Investment. Alles wiederholte sich immer und immer wieder. Die Themen waren oberflächlich andere, aber im Grunde ging es doch immer um das Gleiche.

Und das waren die einzigen Texte, die ich verfasste. Ich schreib nur beruflich.

Dann legte mir meine damalige Chefin nahe, einen eigenen Blog zu starten. Sie hatte nämlich auch einen. Das tat ich. „Sprachdiplomatin“ nannte ich ihn und ich bloggte über, na ja, Sprache halt. Texttipps für Deutsch und Englisch, Beobachtungen über die Ausdrucksweise meiner Mitmenschen, später auch Buchrezensionen. Und mein Enthusiasmus fürs Schreiben entfachte erneut.

Denn auf meinem Blog konnte ich nicht nur schreiben, worüber ich wollte. Sondern auch, wie ich wollte. Keine Zeichenbegrenzung, keine Deadlines, kein Anspruch an Seriosität. Ich entdeckte wieder, warum es mir solche Freude bereitet, mich sprachlich auszudrücken.

Rückblickend betrachtet entstand in diesem kleinen Blog auch der Keim meiner Selbstständigkeit. Denn um ihn zu bewerben, postete ich auf Instagram und kam dort in Kontakt mit anderen Schreibenden. Alle von ihnen waren freiberuflich tätig. So kam ich immer mehr in Berührung mit dem Freelancertum – bis ich auch eine von diesen freien Texterinnen wurde.

(Sprachdiplomatin (später umbenannt in Rue Julie) gibt es nicht mehr. Mein neuer Hobbyblog heißt Animalismus.)

3. Ich schimpfe mich nun Autorin.

Im zweiten Jahr meiner Selbstständigkeit entschloss ich mich, ein E-Book zu veröffentlichen. Nämlich darüber, wie man originell schreibt. Hatte irgendjemand nach diesem Buch gefragt? Nö. Aber ich hatte Lust darauf.

Julia posiert mit einem Tablet, auf dem die Titelseite ihres E-Books zu sehen ist

Ein Jahr später veröffentlichte ich ein gedrucktes Buch im Selbstverlag. Und heuer habe ich zwei weitere E-Books veröffentlicht („Der perfekte Text“ und „Die perfekte E-Mail“).

Auch wenn die Arbeit an all diesen Werken sich monetär noch nicht amortisiert hat, hat mir in meiner gesamten Karriere als Texterin nichts mehr Spaß gemacht, als sie zu verfassen. Eigentlich sind Blogartikel mein Lieblingsmedium: Sie sind lang genug, dass man Persönlichkeit zeigen kann, aber nicht so lang, dass das Verfassen wirklich anstrengend ist, und man kann sie nach der Veröffentlichung jederzeit bearbeiten.

Doch E-Books sind für mich die Kür. Sie unterliegen nämlich keinerlei Einschränkungen. Ich kann darin ausschließlich das machen, was ich möchte. Klar, auf meinem Blog kann ich grundsätzlich auch tun und lassen, was ich will. Ich bin die Betreiberin, innerhalb der geltenden Gesetze kann ich mich voll ausleben. Aber wenn ich möchte, dass meine Blogbeiträge auch gelesen werden, muss ich zumindest grundsätzlich nach Googles Pfeife tanzen.

Nicht so bei E-Books – absolute Freiheit! Nichts beflügelt meine Kreativität mehr. Deshalb wird es mit Sicherheit auch in Zukunft E-Books von mir geben – ob sie gekauft werden oder nicht.

Ausblick auf die nächsten 10 Jahre

Gelegentlich kommt mir einer meiner alten Texte unter. Meistens erwarte ich beim Lesen einen Cringe-Moment, doch in der Regel bin ich tatsächlih zufrieden mit dem, was ich damals geschrieben habe. Das ist ein schönes Gefühl.

Was nicht heißt, dass ich nicht mehr an meinem Schreibstil verbessern möchte. Das gibt es ein paar Puntke. (Ich verrate dir jetzt nicht welche, sonst springen dir meine Schwachstellen gleich ins Auge. 😁)

Und ich möchte endlich Fiktion schreiben. Das habe ich seit Jahren vor. Immer wieder mal fange ich an – und finde dann einfach keine Routine, um eine Geschichte auch mal zu Ende zu bringen.

Beruflich wünsche ich mir für das nächste Jahrzehnt, noch mehr Menschen dabei zu helfen, ihre Schreibfähigkeiten zu verbessern und Freude am Texten zu finden. Ich glaube, dass ich seit 2015 nicht nur genug Erfahrung gesammelt habe, um hier gut unterstützen zu können. Sondern dass ich durch die obengenannten Höhen und Tiefen auch eine gesunde Perspektive auf das Schreiben und den Stellenwert von Texten im Arbeitsalltag gewonnen habe.

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Hi, ich bin Julia

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