Schlechte Texte sind verschwendete Lebenszeit – sowohl für dich als auch für deine Leserinnen. Also schreib einfach besser, ok? Danke.
Wenn es denn so einfach wäre! Natürlich schreibt niemand absichtlich ungut. Das Problem ist vielmehr, dass es Menschen oft nicht bewusst ist, wie ihr Text auf andere Personen wirkt.
Was meine ich überhaupt mit schlecht schreiben? Die Qualität von Sachtexten messe ich an zwei Kriterien: Verständlichkeit und Lesefluss. Zweiteres bedingt oft Ersteres.
In diesem Blogbeitrag lernst du sieben Fragen kennen, die dir helfen, die Qualität deines Textes einzuschätzen.
7 Fragen, um zu identifizieren, ob dein Text schlecht ist
Mit den eigenen Texten ist es so, wie mit den eigenen Kindern: Man liebt sie so sehr, dass man nicht erkennt, wenn sie Gören sind. Oder im Fall von Texten: unverständlich und verwirrend.
Aber es gibt in beiden Fällen Hinweisen. Zur Identifikation eines rotzfrechen Kindes würde ich dir raten, mit dessen Kindergärtner oder Lehrerin zu sprechen. Was schlechte Texte angeht, können dir die folgenden sieben Fragen weiterhelfen. Wenn du sie ehrlich beantwortest, liefern sie dir Verbesserungsvorschläge für deine E-Mails, Social-Media-Posts und ähnliche Alltagstexte.
Frage 1: Hast du den Text geschrieben, ohne vorher über ihn nachzudenken?
Das Schlimmste, was du einem Text antun kannst, ist, ihn auf ein marodes Fundament zu stellen. Wenn ein Blogartikel, eine E-Mail oder jeder andere mittellange bis lange Text nicht logisch aufgebaut und in sich kohärent ist, machst du es deinen Leserinnen schwer.
Dann kannst du noch so tolle Argumente haben oder brillante Formulierungen wählen, es wird trotzdem nicht leicht sein, deinen Gedankengängen zu folgen. Und die Lust, zu Ende zu lesen, schwindet mit jedem weiteren Satz.
Denn ein Text ist mehr als die Summe seiner Sätze. Er ist ein Gesamtwerk. Wenn (Ab-)Sätze nicht fließend miteinander verbunden oder kaum aufeinander abgestimmt sind, leidet der Gesamteindruck.
Niemand liest einen Text und urteilt: „Sätze 5, 8 und 19 waren fantastisch!“ Er wird immer als Ganzes rezipiert.
Um eine schlechte Struktur zu vermeiden, solltest du dir im Voraus Gedanken über diese Punkte machen:
- Was will ich eigentlich sagen?
- Was soll die zentrale Aussage meines Textes sein?
- In welcher Reihenfolge sollte ich Informationen aufführen?
- Wie kann ich Sätze miteinander verbinden, um einen guten Lesefluss herzustellen?
Frage 2: Ist der Text so verfasst, dass die Leute, die ihn verstehen sollen, ihn verstehen?
Wie gut ein Text ist, ist auch abhängig davon, wie gut ihn seine Zielgruppe versteht. Plakativ gesagt: Zweitklässlern brauchst du keine wissenschaftliche Abhandlung über das Spike-Glykoprotein von SARS-CoV-2 vorsetzen.
Frag dich also beim Beurteilen deines Textes nicht, ob du ihn verständlich findest. Natürlich tust du das, du hast ihn ja geschrieben! Frag dich vielmehr, ob die Leute, die den Text verstehen sollen, dies wahrscheinlich tun.
Beachte dabei Dinge wie:
- Wortwahl: Hast du eventuell Fachbegriffe verwendet, die deine Zielgruppe nicht kennt?
- Vorkenntnisse: Setzt du Dinge als bekannt voraus, die bei deinen Leserinnen gar nicht bekannt sind?
- Struktur: Kann man deine Gedanken ohne Vorwissen oder Fachkenntnis nachvollziehen?
Zu lange Sätze, zu komplizierte Wortwahl, zu viel Nominalstil, zu viel Fachsprache – all das kann bei deinen Leserinnen zu Verwirrung führen. Ein schlechter Text ist einer, bei dem ich einen Absatz lese und anschließend keine Ahnung habe, was darin stand.
Frage 3: Gibt es Passagen in deinem Text, die durch „laberlaber blablabla“ ersetzt werden könnten?
Für mich ist das oberste K.o.-Kriterium für einen Text Gelaber. Von keinem Text wende ich mich schneller ab, als von einem, der nicht zum Punkt kommt. Und ich bin mir sicher, dass ich nicht die Einzige bin, die keine Lust hat, sich durch ellenlanges Blablabla zu kämpfen, in der Hoffnung noch etwas für mich Relevantes zu finden.
Deshalb solltest du deinen Text erbarmungslos lektorieren. Selbst wenn du eine Anekdote charmant oder eine Formulierungen gelungen findest, exe sie, falls deine Leserinnen das vermutlich anders sehen.
Denn du schreibst, um gelesen zu werden. Das bedeutet, dass deine Texte quasi dein Angebot und deine Leserinnen deine Kundinnen sind. Und die Kundin ist Königin.
Wie erkennst du, ob du einen Labertext verfasst hast? Schau dir an, ob du diese Dinge in ihm findest:
- eine unnötig lange Einleitung
- irrelevante Anekdoten
- sinngemäße Wiederholungen
- Sätze ohne Mehrwert oder Aussage
Frage 4. Liest sich dein Text, als wäre er an Kaiser Wilhelm II adressiert?
Hast du Lust, in Abendrobe deinen Wocheneinkauf im Supermarkt zu machen? Oder den Hund in High Heels Gassi zu führen? Ich vermute mal: Nein. Denn diese Förmlichkeit ist der Situation nicht angemessen.
Auch deine Texte sollten nicht zu förmlich sein, wenn du möchtest, dass sie gelesen werden. Drück dich meinetwegen gewählter aus, wenn du einen Brief an deinen Vermieter oder deine Krankenkasse schreibst. Wenn du aber eine Rundmail an dein Team verfasst, solltest du nicht radikal anders klingen, als wenn du mit den Empfängern sprichst.
Meiner Erfahrung nach werden Menschen, so bald sie in die Tasten greifen oder einen Stift aufs Papier setzen, plötzlich verkrampft und verfassen Sätze, die ihnen nie über die Lippen kommen würden. Aber du darfst einfach so schreiben, dass es jede normal intelligente, alphabetisierte Muttersprachlerin versteht. Es gibt keinen Grund, sich majestätischer auszudrücken als seine Majestät.
Frage 5: Hast du beim Schreiben die Return-Taste ignoriert?
Das Auge liest mit. Man könnte sagen, es ist unfair, einen Text nach seinem Layout zu beurteilen (analog zu „judging a book by its cover“). Aber die Wahrheit ist: Einen Text ohne Absätze will niemand lesen.
Denn das ist anstregend, besonders an Displays. Das menschliche Auge benötigt Weißraum, um sich zu orientieren und sich zu erholen.
Deshalb – in Gottes Namen – mach Absätze!
Frage 6: Ist dein Text länger als die Memoiren von Barack Obama?
A Promised Land : 751 Seiten. Dein Quartalsbericht: 760 Seiten. Das darf nicht sein!
Ich halte nichts von Mindest- oder Höchstwortzahlen bei Textformen (als Texterin muss ich sie allerdings oft als Bemessungsgrundlage verwenden). Es gibt auch keinen Grenzwert, bei dem ich sagen würde: „Jetzt ist dieser Blogartikel aber zu lang!“Aber man hat ja Erfahrungswerte und hoffentlich einen gesunden Menschenverstand …
Ich sag mal so: Wenn man bei einer WhatsApp-Nachricht auf „mehr lesen“ klicken kann, sind wir uns alle einig, dass sie zu lang ist, oder?
Frage 7: Wurde dein Text von einer Künstlichen Intelligenz erstellt?
Es mag verlockend sein, einen Text einfach von ChatGPT erstellen zu lassen. Dann muss man sich nicht selbst bemühen.
Aber ich kann nur davon abraten.
Künstliche Intelligenz hat viele nützliche Funktionen, die dir im Berufsalltag einiges an Zeit sparen können. Texterstellung gehört nicht dazu.
Wenn du jetzt sagst: „Natürlich sagt eine Texterin das. KI könnte dir ja deinen Job strittig machen“, dann sage ich dir: „Nein, eine Texterin sagt das, weil sie etwas von Texten versteht.“
ChatGPT kann nicht selbst formulieren. Es übernimmt nur Texte, die es irgendwann gelernt hat, und münzt sie auf den jeweiligen Kontext um. Sprich: Alles ist nur ein Abklatsch.
Manches, was ChatGPT sprachlich ausspuckt ist passabel. Aber sobald es darum geht, Persönlichkeit zu zeigen (d. h. humorvoll, charmant oder originell zu formulieren), ist der Output zum Fremdschämen.
Fazit: Schlechte Texte kommen von Unüberlegtheit
Diese sieben Fragen zeigen: Ein schlechter Text ist keine Folge von Unfähigkeit, sondern von Unüberlegtheit.
Und deshalb lassen sich solche Texte auch recht einfach vermeiden: Nämlich indem man sich mehr Zeit vor dem Schreiben nimmt, um über das nachzudenken, was man schreiben will. Und nach dem Schreiben etwas Zeit einplant, um nochmal über den Text zu schauen.